Das ist die AlphaDekade

Zwei Frauen stehen vor einer Tafel und lächeln sich an © BMBF / Dickten
Jessica (re.) hat im Erwachsenenalter bei Ihrer Kursleiterin Sandra Lesen gelernt. Ihre Geschichte lesen Sie auf www.mein-schlüssel-zur-welt.de

Jeder achte Erwachsene in Deutschland kann nicht richtig lesen und schreiben

Angesichts der voranschreitenden Entwicklungen in allen Lebensbereichen sind und bleiben Alphabetisierung und Grundbildung elementare Voraussetzungen für ein selbstbestimmtes und von Teilhabe geprägtes Leben. Ein immer schneller werdender Informationsfluss sowie kontinuierliche technische und strukturelle Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft stellen Menschen, die nur über gering ausgeprägte Schriftsprachkompetenzen verfügen, vor große Herausforderungen. Gleiches gilt auch für andere Grundkompetenzen, wie z.B. dem Umgang mit Zahlen oder digitaler Technik.

In Deutschland können jedoch rund 6,2 Millionen Erwachsen zwar Buchstaben, Wörter oder einzelne Sätze lesen und schreiben, haben jedoch Mühe, einen längeren zusammenhängenden Text zu verstehen. 62 Prozent der betroffenen Personen sind erwerbstätig, die Mehrheit sind Männer. Deutsche Muttersprachler überwiegen mit einem Anteil von 53 Prozent. Zu diesem Ergebnis kommt die „LEO-Studie 2018“ der Universität Hamburg, die das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in Auftrag gegeben hat.

Ziel der Dekade: Geringe Literalität in der Erwachsenenbevölkerung verringern – Grundbildungsniveau erhöhen

Mit der AlphaDekade wollen Bund, Länder und Partner im Zeitraum von 2016 bis 2026 die Lese- und Schreibfähigkeiten Erwachsener in Deutschland deutlich verbessern. Zentraler Erfolgsfaktor: mehr Grundbildungsangebote und mehr Menschen, die diese Angebote wahrnehmen.

Die Frage, wie Erwachsene mit niedrigen Schriftsprachkompetenzen erreicht und zum Lernen aktiviert werden können, ist die zentrale Herausforderung aller Maßnahmen. Im Arbeitsprogramm hat das Kuratorium der AlphaDekade anhand von fünf Handlungsfeldern festgelegt, wie diese Ziele erreicht werden sollten:

1. Öffentlichkeitsarbeit – intensivieren, informieren, Nachfrage generieren

Das Ausmaß geringer Literalität in der Erwachsenenbevölkerung ist den meisten Menschen in Deutschland nicht bekannt. Gering literalisierte Erwachsene und ihr soziales Umfeld wissen meist nur wenig über Hilfsangebote und Lernmöglichkeiten. Durch öffentlichkeitswirksame Maßnahmen wollen die Partner der Dekade dazu beitragen, dass die Bevölkerung über das Ausmaß und die Auswirkungen geringer Literalität sowie über Unterstützungsangebote informiert ist. Vorurteile sollen abgebaut, Tabus aufgebrochen, das Lerninteresse von Erwachsenen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten gestärkt und deren Umfeld zum Thema sensibilisiert werden. Verstärkte Werbemaßnahmen sollen dazu beitragen, dass Lern- und Unterstützungsangebote bekannter werden.

2. Forschung – ausbauen, verdichten, Wissen herstellen

Studien und Forschungsergebnisse sollen dazu beitragen herauszufinden, was die Ursachen geringer Literalität sind und wie und wo sich betroffene Personen am besten erreichen und für Unterstützungsangebote gewinnen lassen.

3. Lernangebote – optimieren, erweitern, in die Fläche tragen

Um die Lernmotivation von Erwachsenen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten zu erhöhen, müssen sich die Lernangebote an den Fähigkeiten und Bedürfnissen der Lernenden orientieren. Lerninhalte müssen alltags-und praxisbezogen (z.B. Arbeits- und Lebenswelt, Finanzen, Freizeit, Beziehungen, Gesundheit) gestaltet sein und die große Unterschiedlichkeit der Teilnehmenden berücksichtigen.

4. Professionalisierung – ausbilden, weiterbilden, Qualität des Unterrichts verbessern

Erwachsene mit Alphabetisierungs- und Grundbildungsbedarf haben sehr unterschiedliche Bedürfnisse. Steht für den einen die Bewältigung des Alltags im Vordergrund, benötigt der andere Unterstützung bei schriftsprachlichen Anforderungen im Job. Die individuellen Bedarfe sind eine große Herausforderung für das Lehrpersonal. Daher muss dies sowohl fachlich als auch didaktisch-methodisch gut ausgebildet sein. Hier gibt es einen hohen Qualifizierungsbedarf bei Kursleitenden in der Grundbildung ebenso wie bei Lehrkräften an Schulen sowie in der Jugend- und Erwachsenenbildung.

5. Strukturen – weiterentwickeln, aufbauen, Unterstützungsangebote optimieren

Seit 2012 sorgen Bund, Länder und Dekadepartner dafür, dass Angebote für Alphabetisierung und Grundbildung fester Bestandteil im Weiterbildungssystem sind. In Zukunft sollen sie auch mit bereits vorhandenen Weiterbildungsangeboten, zum Beispiel im beruflichen Kontext, verknüpft werden. Mitarbeitende in öffentlichen Verwaltungen von Bund, Ländern und Kommunen, sollen darüber hinaus sensibilisiert werden, Menschen mit Alphabetisierungsbedarf zu erkennen und zur Wahrnehmung von Angeboten zu motivieren.